Autor Steffen Meltzer

Große Aufregung um ein Video in Krefeld. Zu sehen ist, wie mehrere Polizisten versuchen, einem Mann eine Handfessel anzulegen, dabei hat eine Polizistin zugeschlagen. Der Mann, der dabei in Gewahrsam genommen werden soll, wehrt sich heftig. Es ist müßig, darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei nur um einen kleinen Ausschnitt aus einem Gesamtszenario handelt.

Was war geschehen?

Bereits im September hatte der Tatverdächtige versucht, die Wohnung in Brand zu setzen. Zeugen berichteten, dass aus der Wohnung oftmals Schreie zu vernehmen waren, die Polizei sei deshalb „Dauergast“ gewesen. Nachbarn haben den Medien gegenüber berichtet, dass die betreffende Person als „aggressiv“ gilt.

Nach einer mutmaßlichen gegenwärtigen Brandstiftung hatte der 47-jährige Bewohner seine 28-jährige Freundin in ein Zimmer eingeschlossen. Als die eingesetzten Beamten den Mann aus der Wohnung führen wollen, beginnt dieser sich heftig zu wehren. Dabei soll er die Beamten unter anderem mit einer stockähnlichen Metallzange angegriffen haben. Die Polizisten sahen sich deshalb genötigt, unmittelbaren Zwang anzuwenden. Diese umfangreiche Vorgeschichte zeigt das Video nicht, es hätte sich hierfür vermutlich auch kaum jemand in der jetzt so empörten Öffentlichkeit dafür interessiert.

Inzwischen sitzt der Tatverdächtige wegen des Verdachts der schweren Brandstiftung in Untersuchungshaft. Wer wiederholt Feuer in einem Mehrfamilienhaus legt, gefährdet in extremer Weise Leben und Gesundheit sämtlicher Hausbewohner, inklusive Kindern. Gegenwärtig prüfen die Behörden, ob die Person unter Drogen stand oder ob eine „psychische Störung bzw. Erkrankung“ vorliegt.

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Wenn man sich das Video näher anschaut, kann man sehen, wie der Mann am Ausgang des Hauses erfolglos versucht einen Beamten in den „Schwitzkasten“ zu nehmen, was diesem aber aufgrund der Gegenwehr nicht gelingt. Jedoch kann der Tatverdächtige sich losreißen und versucht zu fliehen. Dieser Versuch hat zur Folge, dass nun die Eingangs erwähnte Polizistin eingreift, die man später heftig wegen der Wahl ihrer ergriffenen Maßnahmen kritisieren wird. Zu sehen ist auch, dass der Bewohner immer noch diesen schon beschriebenen, stockähnlichen Gegenstand krampfhaft festhält, mit dem er durchaus in der Lage wäre, Polizeibeamte ganz erheblich zu verletzen. Erst nach dem Eingreifen und mehreren erfolgten Schlägen der hinzukommenden Polizistin gelingt es endlich, der Person diesen gefährlichen Gegenstand zu nehmen.

In der weiteren Folge versuchen die Polizeibeamten aus Eigensicherungsgründen, den Mann zu Boden zu bringen, um diesen zu fixieren. Offensichtlich haben sie die Absicht, Handschellen am Rücken anzulegen. Diese Vorgehensweise ist völlig korrekt und vor allem sehr notwendig. Die Person wehrt sich jedoch nach wie vor heftig dagegen. Die betreffende Beamtin fordert mit Worten sowie eindeutig zu sehenden Gesten wiederholt die Bodenlage des Delinquenten. Als das erfolglos bleibt, versucht sie mehrfach seinen Kopf in Richtung des Bodens zu drücken, was ebenfalls nicht gelingt, die Person befindet sich immer noch im (Wider-)Stand. Erst nach den Schlägen gegen den Kopf geht der 47-jährige doch zu Boden. Zwischenziel der Maßnahme erreicht, dem Tatverdächtigen können zur Sicherung nun Handschellen angelegt werden.

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Inzwischen trifft die Feuerwehr ein, um den Wohnungsbrand zu löschen. Was man aktuell erleben kann, ist die leider üblich gewordene Internethetze gegen die eingesetzten Beamten, vor allem gegen die Polizistin. Es mag durchaus sein, dass es für Laien kein schöner Anblick ist, wenn mehrere Personen auf eine einzelne einwirken. Das wird Zuschauern vorkommen wie David gegen Goliath und Solidaritätsgefühle auslösen. Ähnlich einem Fußballspiel, wenn ein Viertligist im DFB-Pokal gegen Bayern München antreten muss. Da drückt man gern dem vermeintlich Unterlegenen beide Daumen.

Der Fall liegt für mich jedoch völlig klar: Um das Leben, Gesundheit und Sachwerte vor dem erheblichen Gefahrenpotential des Tatverdächtigen zu schützen, erscheinen mir die Maßnahmen berechtigt, auch die Schläge. Die Vorermittlungen gegen die Beamtin sind demzufolge einzustellen.

Ich weiß aus eigener Erfahrung wie schwierig es werden kann, hocherregte Personen, die zusätzlich vielleicht unter Drogen oder anderen Wirkstoffen stehen, zu fixieren. Wenn es etwas daran zu kritisieren gibt, dann an der zentralen Aus- und Fortbildung, weniger an den einzelnen Polizeibeamten.

In den letzten sechs Jahren sind für Polizisten die vielfältig bekannten Probleme dazugekommen. Die Personalstärke war jedoch zuvor jahrelang ausgedünnt worden. Dienststellenleiter und andere Vorgesetzte konnten dadurch immer weniger Beamte zu den erforderlichen Trainingsmaßnahmen schicken. Warum? Weil dadurch von den wenigen Verbliebenen noch weniger Beamte für die tägliche Arbeit zur Verfügung stehen würden.

Aber weniger Training bedeutet vor allem ein geringeres professionelles Einschreiten. Die Fehlerquote erhöht sich, Halbfertigkeiten sind Unfertigkeiten. Gestiegen ist jedoch die politische Einflussnahme mit allerlei diversen Seminaren. Ich erlebte selbst so ein „Seminar“, indem der „Dozent“ die hinzukommenden Menschen aus den Jahren 2015/2016 mit den deutschen Vertriebenen von 1945 permanent gleichsetzte, obwohl Kulturfremde auf der einen Seite und Deutsche zu Deutschen auf der anderen Seite zu verzeichnen waren. Ich zeige am Beispiel des Landes Brandenburg, wie die Fortbildungszahlen systematisch zurückgegangen sind*.

  • WBZ = Weiterbildungszentren

  • LZE = Lernzeiteinheiten

Verantwortlich für diesen Rückgang sind bundesweit die gleichen Politiker, die gegenwärtig unsere Polizei unter einen Generalverdacht stellen wollen. Sie agitieren etwas vom Vertrauensverlust der Polizei in der Bevölkerung, obwohl Politiker nach den Umfragewerten ein deutlich geringes Maß an Vertrauen vorweisen können als die Polizei genießt.


*Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr.2579 des Abgeordneten Björn Lakenmacher (CDU-Fraktion), Drucksache 6/6288 vom 02.05.2017, eingesehen am 16.05.2017


Steffen Meltzer, Autor von Ratgeber Gefahrenabwehr