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Die Empörung über den Abschuss des Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen schlug hohe Wellen; hatte er es doch gewagt, an der Echtheit eines „Antifa-Zeckenbiss“-Videos zu zweifeln und sich damit bei großen Teilen der politischen Elite des Landes unbeliebt gemacht. Maaßen ist ein ausgezeichneter Sicherheitsfachmann, das ist jedoch nirgendwo ein Bewertungsmaßstab, wenn es persönlich – und zur Jagd geblasen wird.
Der neue Frühstücksdirektor im Innenministerium ist nur die Spitze eines Eisberges, in der Frost und Frust, Ellenbogenmentalität, Hetzkampagnen und Mobbing an der Tagesordnung stehen. Leitragend davon sind die vielen ungenannten stillen Mitarbeiter und Beamten, die solche Verhaltensweisen jeden Tag über sich ergehen lassen müssen, ohne wirklich je eine Chance zu erhalten, einen anderen lukrativen Job angeboten zu bekommen, der ihnen gestattet, unvoreingenommen wenigstens ihr Einkommen zu sichern. Neu geschaffene Sonderposten für ungeliebte Meinungsträger gibt es erst ab einer bestimmten Einkommensgruppe. Für die meisten der „Unangepassten“ lautet dagegen die Einbahnstraße des Lebens: Traumatisierung, chronische Erkrankung, Frühpensionierung, vorzeitige Alterung oder als finale Lösung des Leidens der Suizid. Wer nicht funktioniert, wird im Unternehmen oder der Behörde durch die Tür in Richtung Wegwerfgesellschaft hinauskomplimentiert. Hierzu folgendes Beispiel, das ich mit einem bekannten Psychologen und Buchautoren zum Thema „Mobbing“ am Telefon erarbeitet habe:
Ein Polizeibeamter hatte vor einem Strafgericht gegen eine Kollegin ausgesagt. Diese wurde daraufhin verurteilt. Dass jeder Zeuge vor Gericht verpflichtet ist, die Wahrheit auszusagen, möchte ich nur am Rande erwähnen.
Neben dem Ergebnis, dass es nunmehr eine Kollegin gab, deren weiße Weste grau bzw. eher schwarz war, bekam der korrekte Polizeibeamte in seinem Team, keinen Fuß mehr auf die Erde. Er wurde ab sofort geschnitten, ja er wurde gemobbt. Der Beamte spürte natürlich, dass er diese Verhaltensperversionen nicht jahrelang unbeschadet überstehen kann und beantragte die Versetzung. Diesem Wunsch wurde auch entsprochen, allerdings kam er in eine gänzlich andere Organisationseinheit, als es seinen Vorstellungen entsprach. Nur ganz nebenbei sei bemerkt, dass er ab sofort zusätzlich ca. 100 km Fahrtstrecke zurückzulegen hatte. Was für gar kein Zufall aber auch.
Bereits vor seinem dortigen Eintreffen scharrten einige auserwählte Vertraute des Vorgesetzten, in froher Erwartung mit den Füßen, da ja nun ein „Anschwärzer“, zu ihnen versetzt werde. Der Chef hatte sein Team dahingehend mental eingestimmt, dass nun ab sofort, ein „ganz schwieriger Kollege, der nicht vertrauensfähig sei“, hinzukommen würde. Die dafür vorgesehene Dienstberatung erfolgte natürlich in dessen Abwesenheit, versteht sich. Auch in dieser Truppe nahmen die Ungereimtheiten bald ihren erwarteten Lauf, auch hier wurde der Betroffene angegriffen, ausgegrenzt, Gerüchte wurden gestreut und eine verschlechterte Beurteilung des Vorgesetzten waren nur einige der Folgen.
Das Motto war: „Du hast keine Chance, also nutze sie!“
So einfach kündigen? Geht schlecht, da dann alle Pensionsansprüche verloren gehen, denn auch der Studienabschluss ist faktisch auf ein offizielles Amt beschränkt.
Der Beamte stellte daraufhin einen neuen Versetzungsantrag, der aufgedrückte Stempel lautet stets: abgelehnt! Es folgten sechs weitere gleichartige Begehren, die ebenfalls alle, unter sichtbar fadenscheinigen Gründen, abgeschmettert wurden. Auch „fürsorgliche Gründe“ wurden angeführt, was immer das auch konkret zu bedeuten hatte. Jeder im Haus wusste, dass das vorgeschobene Ausflüchte waren. Auch die sogenannte Mobbingbeauftragte, als Rädchen im System, spielte foul, natürlich gegen den Beamten.
Das Spiel hieß: „Schwarzer Peter – und raus bist Du!“
Der Beamte schrieb als letzten Versuch, eine Dienstaufsichtsbeschwerde an eine „höhere Stelle“ im Innenministerium. Das Ergebnis? Überraschung! Natürlich alles abgestritten! Von nun an wurde der Beamte endgültig als “psychisch gestört” einkategorisiert. Erst einmal nur „halboffiziell“ hinter der vorgehaltenen Hand. Schließlich hätten alle “Ermittlungen” ergeben, dass an den Beschwerdegründen nichts dran sei.
Die Situation wurde immer auswegloser. Den PHK, der dreißig Jahre in einem tadellosen Dienst seinem Land gedient hatte, verließen langsam aber sicher, die psychischen Kräfte. Bald stellten sich ebenso vegetative Gesundheitsbeschwerden ein. Es kam, was kommen musste: die Flucht in die dauerhafte Erkrankung als letzte verbleibende Möglichkeit, sich und seine Gesundheit zu schützen.
Auf die Erkrankung schien seine Dienststelle nur gewartet zu haben, er bekam eine Vorladung zum Amtsarzt, dieser verwies ihn an einen Psychologen, der ein „Gutachten“ erstellte. Es war eines der angeordneten Gefälligkeitsgutachten, das dem Behördenleiter „bewies“, dass der Beamte nicht mehr in der Lage war, seinen Aufgaben nachzukommen. Das war der erwartete Punkt auf dem „I“, man rieb sich die Hände. Schließlich hatte man lange und hart darauf hingearbeitet, um den „Querulanten“ zu beseitigen. Es erfolgte schlussendlich die Zwangspensionierung. Oder soll man sagen, er wurde entsorgt? Abschreckende Beispiele erfüllen in Funktionseinheiten eine wichtige Aufgabe, sie fixieren die ungeschriebenen „Gesetze der Straße“, die in keiner Betriebs- oder Dienstvereinbarung nachzulesen sind, von denen jedoch alle wissen und keiner etwas dagegen unternimmt.
Ähnlichkeiten mit der Praxis sind selbstverständlich rein zufällig.
Vertreten Sie etwa sachlich ihre eigene Meinung oder hatten eine gerichtliche Auseinandersetzung mit ihrem Arbeitgeber, die Sie gewonnen haben? Rechnen Sie immer mit den illegalen Konsequenzen. Sich auf seinen eigenen gesunden Verstand zu verlassen, sich an Recht und Gesetz zu halten, „unangepasste“ Auffassungen über die mangelhafte Führungskultur in der Behörde, die Flüchtlingskriminalität oder rechte und linke Gewalt gleich zu bewerten, all das muss nicht, aber könnte schnell zu ungeahnten Folgen führen. Bleiben Sie trotzdem sich selbst treu, das ist langfristig erfolgreicher als regelmäßig kuschen zu müssen.
Inzwischen muss man davon ausgehen, dass jeder dritte Erwachsene (Download „mobbingstudie_erwachsene_2018.pdf“) bereits mindestens einmal im Leben gemobbt wurde, Tendenz damit steigend. Auswege gibt es selten, in der Polizei des Landes Brandenburg sollte man sich zum Beispiel besser nicht an die „Mobbingbeauftragten“ wenden. Sie kreieren nie dagewesene Verfahren, um aktuelle Mobbinganzeigen abzuschmettern, eine andere tauchte gar ganz ab und war für das Mobbingopfer weder erreich- noch ansprechbar. Verfahrenslängen von 18 Monaten mit intransparenten Geheimermittlungen (Ausgabe 12/14, Seiten 6-7) wie in vergangenen Zeiten. Mobbingverfahren, in denen dem Opfer verwehrt wurde, sich in das Verfahren einzubringen und sich zu äußern. Dafür durften jenes ausgiebig die Täter. Das Ergebnis war erwartungsgemäß: „Kein Mobbing gewesen!“ Ein Polizeichef, der über die Anzahl der Mobbingfälle aus 2017 im Innenausschuss auf eine diesbezügliche Frage der Innenausschussvorsitzenden keine Auskunft geben konnte. Das illegale „Gesetz der Straße“ existiert auch in Behörden, deren Aufgabe es ist, Gesetze durchzusetzen. Der Fall Maaßen ist überall präsent.
Mobbing? Gibt es gar nicht, ein Tabuthema, das lieber regelmäßig unter den Teppich gekehrt wird. So berichtet ein Brandenburger Gewerkschaftschef zu einem Mobbingvorfall: „Das ist symptomatisch für die Polizei in Brandenburg, weil Vorgesetzte nicht hinter ihren Kollegen stehen, sondern unliebsame Kollegen, ehrliche Kollegen nicht haben möchten, die laufen dann Gefahr, früher oder später versetzt zu werden.“ Geändert hat sich seitdem nichts. Kein Wunder, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen „unten“ und „oben“ sprichwörtlich im Eimer ist(Video ab Minute 04:40).
Leidtragend sind davon immer die Betroffenen; die Suizidrate ist bei Polizeibediensteten gegenüber dem Durchschnitt der Bevölkerung deutlich erhöht, auch wenn Dienststellen regelmäßig berufliche Probleme als Suizidgrund ausschließen und auf private Verwerfungen wegweisen. Die Annahme einer Verzahnung wäre deutlich realistischer.
Freilich kann sich der/die Betroffene ein Mobbingtagebuch führen, sich einen Anwalt nehmen, vor Gericht klagen, Strafanzeigen erstatten, einen Psychologen aufsuchen der einen „anpasst“, gar den Betriebs- oder Personalrat aufsuchen oder sonstige Unterstützernetzwerke knüpfen. Sein eigenes Schicksal in die Hand nehmen und aktiv zu sein, sind immer gute Ideen. Es wird tatsächlich selten etwas nützen, um seinen Arbeitsplatz zu retten. Fast immer gehen die Opfer und fast immer bleiben die Täter und kommen ungeschoren davon – so viel Realismus muss in der Darstellung des Problems sein. Auch Maaßen musste gehen, nicht einmal sein loyaler Vorgesetzter, Bundesinnenminister Seehofer konnte ihn im Amt halten. Die berufliche Neuorientierung bleibt oft der einzige Königsweg wenn man überleben will, wenn man nicht auf eine hochdotierte Pension zurückgreifen kann.
Als Fazit bleibt: So entlarvend ungerecht die Abberufung des Verfassungsschutzpräsidenten ist, so privilegiert ist trotz alledem sein Abgang, es sei ihm vergönnt. Die Ungerechtigkeiten durch Schikanen, die viele Beamte in Behörden und Mitarbeiter in Unternehmen jeden Tag ertragen müssen, sind enorm, der volkswirtschaftliche Schaden exorbitant, die menschlichen Tragödien unermesslich. Eifrig gefeierte wurden und wird durch Funktionsträger die „Willkommenskultur“ für Flüchtlinge, sie fängt aber grundlegend bei den eigenen Mitarbeitern an, was gern „vergessen“ wird. Nicht ungewöhnlich sind Chefs, die sich vehement für Flüchtlinge einsetzen, aber menschenverachtende Verhaltensweisen im eigenen Unternehmen oder der Behörde durchwinken. Der unnormal gewordene Normalfall. Ein häufig vorzufindender Widerspruch zu den wichtigen Werten unseres angeblich so moralisch hochstehenden Landes. Auch soziale Abgründe und Gleichgültigkeit gegenüber Schicksalen sind ein Ausdruck der immer mehr um sich greifenden Verrohung im Zusammenleben unseres Landes, da helfen auch keine wunderschönen Statistiken über den ach so tollen Kriminalitätsrückgang im Hellfeld.
Mobbing, das viele einzelne Straftatbestände enthält, findet im Dunkelfeld statt, wer es aufhellen will, muss mit gefährlichen Konsequenzen rechnen. Passen Sie auf sich auf, lassen Sie sich nicht provozieren, beeindrucken oder einschüchtern. Dann sind Sie schnell ein Opfer. Schlagen Sie lieber wohl überlegt, selbstbewusst mit einem anderen Niveau zurück, verbünden Sie sich mit Gleichgesinnten. Das wirkt zu großen Teilen abschreckend, aber nicht immer. Das beinhaltet auch, sich nicht an den Menschenjagden auf andere Personen zu beteiligen, siehe Maaßen.
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