Foto Steffen Meltzer
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Abschrift der Buchrezension:
Prof. Dr. Dorothee Dienstbühl
Schlussakkord Deutschland – Warum unsere Demokratie gefährdet ist und der Staat seine Bürger und die Polizei im Stich lässt
Abstrakt: Der Titel klingt wenig erbaulich – und der Inhalt ist es leider auch nicht: Im Sammelband „Schlussakkord Deutschland“ beschreiben zehn Autoren aus ganz unterschiedlichen fachlichen Perspektiven, wie sich die Sicherheitslage in Deutschland nicht nur verändert, sondern verschlechtert hat. Dabei bieten sie eine Fülle an Themen an, die sie analysieren. Der Sammelband ist ein gemeinsamer Appell, gegenwärtige Probleme endlich als solche zu begreifen und entsprechend zu behandeln.
Das Vorwort stammt vom Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Rainer Wendt, der eine gegenwärtige Mischung aus Angst, Naivität und Resignation in der Gesellschaft wahrnimmt.
Im ersten Kapitel „Kriminalität, Polizei, Politik, Asylbewerber und Medien in der Gegenwart“ geht der Journalist und Mit-Herausgeber Roland Tichy, auf das grundgesetzliche verbürgte Versprechen des Staates ein, für die Sicherheit seiner Bürger zu sorgen, und stellt eben dies in Frage. Herausgeber und Polizist Steffen Meltzer (Brandenburg) schildert Beispiele aus dem Berufsalltag, die die Arbeit der Polizei enorm erschweren.
Darauf aufbauend beschäftigt sich das zweite Kapitel „Subjektiven Unsicherheitsempfinden berechtigt“, das zuweilen regelrecht kriminalisiert wird. In diesem Kapitel werden die unterschiedlichsten Kriminalitätsphänomene von Organisierter Kriminalität, Wohnungseinbruchsdiebstählen (WED) über Reichsbürgern bis hin zu Tierquälern thematisiert. Auch das Zählwerk der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) wird nicht verschont und bekommt – völlig zurecht – die volle Kritik, angefangen vom Dunkelfeld bis hin zu einer Aufklärungsquote, die weder den Namen verdient hat noch als Zahl stimmt.
Das dritte Kapitel zeigt die „Schwierige Lage für Polizeibeamte“ auf. In diesem Kapitel geht es nicht darum, sich als Sicherheitsbehörde zu bedauern, sondern dem Leser begreiflich zu machen, mit welchen Problemen es Polizeibeamte in Deutschland zu tun haben. Ein schönes Beispiel sind Demonstrationen, bei denen staatsfeindliche Akteure gezielt Polizeibeamte angreifen, sich jedoch der Solidarität der Versammlungsgemeinde versichert sein dürfen.
Die Autoren des Buches kommen zu dem Schluss, „dass sich unser Zusammenleben in den letzten Jahren stark zum Nachteil verändert hat, allen politischen Beschwichtigungsreden zum Trotz“ (Steffen Meltzer).
Es sind gerade die unterschiedlichen Perspektiven dieser zehn Autoren, die das Buch so lesenswert und bereichernd machen: Da sie durch ihre unterschiedlichen Professionen (z.B. aus Polizei, Justiz, Journalismus, Medizin, Psychologie und auch eine freischaffende Künstlerin und Filmemacherin hat ihre Erfahrungen Menschenrechtsaktivistin einfließen lassen) andere Fokussierungen vornehmen, hebt sich das Buch angenehm von solchen ab, die allein aus dem wohlbekannten „wissenschaftlichen Elfenbeinturm“ zu ihren nicht immer realistischen Einschätzungen kommen. Zudem äußern sich die Autoren sehr schonungslos und klar. Schlussakkord Deutschland sei jedem, der sich für den gegenwärtigen Sicherheitsdiskurs interessiert, ganz besonders Entscheidungsträgern aus Politik und Justiz, wärmstens ans Herz gelegt.
Anm.: Die Autorin ist Kriminologin und Dozentin an einer Fachhochschule in NRW, an der Polizeianwärter studieren und ausgebildet werden. Die Buchrezension erschien im Oktober 2018 im Fachmagazin für innere und äußere Sicherheit, „Homeland Security“, Herausgeberin: Dr. Nadine Seumenicht
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