Foto: Steffen Meltzer
„Das Einzige, was für den Triumph des Bösen notwendig ist, besteht darin, dass gute Menschen nichts tun.“ Edmund Burke (englischer Schriftsteller)
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§ 32 Notwehr StGB
(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.
(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.
Beachte die Verhältnismäßigkeit, wähle, wenn du kannst, das relativ mildeste Mittel. Jedoch verlangt niemand von dir, eine „fachlich fundierte“ Verhältnismäßigkeitsprüfung, jedoch darf die Abwehr-handlung nicht im krassen Gegensatz zum Angriff stehen. So darf zum Beispiel ein Obstbauer nicht zur Schusswaffe greifen und damit auf einen Obstdieb schießen. Erforderlich ist eine Verteidigungs-handlung, wenn sie geeignet ist, den Angriff sicher und endgültig zu beenden. Neben den relativ mildesten Abwehrhandlungen, muss sich niemand auf Risiken in der Verteidigung einlassen. Ebenso wenig kommt eine schimpfliche Flucht in Betracht, da das Recht dem Unrecht nicht weichen muss. (siehe auch Kristian Kühl: Strafrecht Allgemeiner Teil, 4.Auflage, Vahlen 2002, §7Rdn.4)
Es gehört zu deinem Menschenrecht, deine Rechtsgüter, beispielsweise Leben und Gesundheit oder Ehre und Eigentum zu verteidigen. Flucht ist ausdrücklich kein erforderlich mildes Mittel, trotzdem manchmal das Klügste. Du bist jedoch nicht betreffs „Notwehr verpflichtet“ zu flüchten, weil es angeblich das „mildeste Mittel“ wäre. Hierzu gibt es höchstrichterliche Urteile.
Der Angriff muss rechtswidrig sein, gerade stattfinden, noch andauern oder unmittelbar bevorstehen. Falls zur Abwehr tödliche Mittel angewendet werden müssen, dann soll das vorher (falls überhaupt möglich) angekündigt werden. Die Notwehr muss sich gegen Rechtsgüter des Angreifers richten und nicht beliebig gegen „irgendetwas“. Dem Notwehrenden soll die Verteidigungshandlung bewusst sein.
Wer einen Angriff provoziert kann sich nicht nachher auf „Notwehr“ berufen.
Diese Angaben erheben keinen Anspruch auf rechtliche Vollständigkeit und, sondern stellen auch meine Auffassung dar.
Druckpunkte/gefährliche Stellen:
Zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leben und Gesundheit habe ich einige „Druckpunkte“ dargestellt, die für jeden leicht zu verstehen und anzuwenden sind.
Warnung: Einige Druckpunkte können bei einer Gewalteinwirkung lebensgefährliche Verletzungen nach sich ziehen. Das bedeutet im Umkehrschluss auch, dass du diese Stellen bei dir selbst, bei einem körperlichen Angriff, unbedingt schützen solltest.
Druckpunkt/Anwendung/Folgen (untere Grafiken):
01: Stirnbein/ Schlag/ Bewusstlosigkeit, Gehirnerschütterung; 02: Nasenwurzel/Schlag/ Schmerz; 03: Nasenbein/ Schlag/ Schmerz; 04: Auge/ Stich/ Tod, Schmerz, Ohnmacht; 05: Augenhöhle/Schlag/ Schmerz, Bruch; 06: Backenknochen/ Schlag/ Bruch; 07: oberhalb der Lippe/ Schlag/ Ohnmacht; 08: Oberlippe/Schlag/ Schmerz, Ohnmacht; 09: Unterlippe/ Schlag/ Schmerz; 10: Falte zwischen Unterlippe und Kinn/ Schlag/ Bruch, Ohnmacht; 11: Kinnspitze/ Schlag/ Ohnmacht, Kieferbruch; 12: Unterkiefer/Schlag/ Bruch; 13: Hinterkopf/ Schlag/ Bewusstlosigkeit; 14: Hintergrund Ohr/ Druck/ Schmerz; 15: Genick/ Schlag/ Lähmung, Tod; 16: Speicheldrüse/ Druck/ Schmerz; 17: Gehörgang/ Pressschlag/ Gleichgewichtsstörung, Verlust Gehör; 18: Kehlkopfdeckel/ Schlag, Druck, harter Griff/ Ohnmacht, Tod; 19: Drosselgrube/ Schlag, Druck/ Ohnmacht, Tod; 20: Augenbraue/ Schlag/ Gehirnerschütterung, Bewusstlosigkeit; 21: Sinusknoten/ Schlag, Druck/ Ohnmacht, Tod; 22: Halsschlagader/ Schlag, Druck/ Ohnmacht, Tod;Die Gegenwehr ist sofort einzustellen, wenn der Grund der Maßnahme weggefallen ist. Auf einen wehrlos am Boden liegenden Menschen, auch wenn er dich angegriffen hat, ist selbstverständlich ebenso nicht weiter einzuwirken. Wenn du das mit „Notwehr“ begründen willst, rate ich zu einem wirklich ganz ausgezeichneten Rechtsanwalt, ansonsten ein absolutes Tabu.
Falls du die Möglichkeit hast, spreche lieber gezielt andere Personen mit der Aufforderung an („Sie in der blauen Jacke…“) dir zu helfen und/oder die Polizei (110) zu rufen, bzw. ergreife, wie bereits angeführt, die Flucht.
Körperstellen, die du an dir schützen sollst, da extrem gefährlich:
- – Schädel (siehe Skizzen);
- – Kehlkopf und Genick
- – Herzspitze
- – Solarplexus
- – Hoden
Foto: envato
Dein Verhalten als Geschädigter/Opfer:
Pass auf, dass du nicht zweimal das Opfer wirst.
Achte darauf, ein Täter der dich angreift wird u.U. auch aggressiv nach der Polizei rufen. Solche kalten Praktiker sind auf Aggression und Raffinesse trainiert und übertölpeln damit unbedarfte Menschen.
Warum das so ist? Ganz einfach, weil sie damit bereits mehrmals Erfolg hatten und ungestraft davon gekommen sind. Ich kenne selbst Beispiele, aufgrund dessen die Opfer unterließen die Polizei zu rufen, da die Geschädigten durch das offensiv – dominante und selbstsichere Auftreten des Täters völlig verunsichert waren.
Diese werden behaupten, du hättest angegriffen, sie werden das Blaue vom Himmel erzählen. Das macht jedem „Normalo“ schwer, entsprechend zu reagieren, weil kaum jemand mit solcher enormen Dreistigkeit rechnet. Er wird behaupten, du hättest zuerst zugeschlagen, damit er vor der Polizei als „Opfer“ dasteht.
Hinzugerufene Polizisten machen ihren Job professionell, aber niemand ist frei von subjektiven Wahrnehmungen.
Deshalb: Sehe dich unbedingt und sofort nach Zeugen um! Versuche schon während deiner Notwehraktion nach diesen Ausschau zu halten.
Profis sagen dazu: Achte auf den Gesamtorganismus, nicht nur auf dich selbst und dein Gegenüber.
Lass dir nach dem Vorkommnis deren Telefonnummer geben, bitte sie darum, das Gesehene aufzuschreiben und dir zuzusenden. Beeinflusse sie nicht dabei! Du bzw. besser dein Rechtsanwalt kann dann diese Aussagen an die Staatsanwaltschaft weitergeben.
Weder der Staatsanwalt noch die Polizei waren bei der Auseinandersetzung dabei, deine Aussage steht gegen die des Aggressors. Du hast dich schließlich nur gewehrt und dein Recht auf Notwehr wahrgenommen.
Täter die keine Zeugen aufweisen können, werden gebetsmühlenartig wiederholen, dass du der „Verursacher“ bist. Das ständig – beschuldigende Wiederholen der Unwahrheit kann mit der Zeit Spuren bei Ermittlern und Richtern hinterlassen, denn niemand kann wirklich „objektiv“ sein. Vor allem dann, wenn es um Delikte der sog. Massenkriminalität, beispielsweise Körperverletzung oder Sachbeschädigung, geht.
Aufgrund dessen sind oftmals Zeugen für den Richter bzw. den Staatsanwalt eine herausragende – und mitunter einzige (!) Möglichkeit, dass Lügengebäude zum Einsturz zu bringen, zur Wahrheitsfindung beizutragen und dir zu deinem umfassenden Recht zu verhelfen.
Bei erheblichen Beleidigungen, Verleumdungen und bei körperlichen Verletzungen steht dir ein Schmerzensgeld zu, dass du allerdings selbst einklagen musst. Die Verjährungsfrist beträgt hierzu drei Jahre. Alternativ besteht kann dein Rechtsanwalt ein sog. Adhaesionsverfahren beantragen, dabei wird deine Schmerzensgeldsache im Strafverfahren gleich mit behandelt. Jedoch muss es zu einem Schuldurteil kommen, damit du Anspruch auf Schmerzensgeld hast und dieses erhältst.
Pass auf dich auf und gewöhne dir, ähnlich den Profis, eine „gelassene Wachsamkeit“ an.
Sehr anschauliche und gute Darstellung:
Hallo Steffen,
das Anwenden von Techniken die auf die Druckpunkte zielen aber auch das Modifizieren und Trainieren von Verhaltensweisen in gefährlichen Situationen ist für den „Normalbürger“ sicher nicht ohne weiteres machbar. Das erfordert Schulung und Übung unter Anleitung. Wirst Du hier auf Deiner Website oder später in Deinem Buch ein paar Hilfestellungen/Links o.ä. für die Suche nach geeigneten Trainingsprogrammen anbieten?
Schomo2000
Hallo Schlomo2000,
das Einwirken auf Druckpunkte eines Angreifers stellt faktisch fast das letzte Verteidigungsmittel dar. (Außer der Anwendung von Waffen und gefährlichen Gegenständen zur Abwehr einer unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben.)
Du hast richtig erkannt, dass sich im Vorfeld (meistens) eine Spirale der Gewalt aufbaut. Dabei spielt die vorgeschaltete verbale Auseinandersetzung eine herausragende Rolle, die danach in einen körperlichen Angriff übergehen kann. Das erfordert Verhaltensweisen die es ermöglichen, diese Gewaltspirale zu unterbrechen, je eher, desto besser.
Theoretische Modelle gibt es hierzu genug, die praktische Umsetzung ist jedoch etwas ganz anderes. Als Einsatztrainer weiß ich: Je einfacher trainierte Verhaltensweisen zu üben und anzuwenden sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit des Erfolges im Ernstfall, auch und vor allem für den „normalen Bürger“. Komplizierte und aufwendige Trainings sind eher etwas für Spezialisten, die diese aber auch immer wieder, bis zur Perfektion, trainieren müssen.
Mein Buch durchzieht diese einfach zu handhabenden Trainings und Verhaltensweisen zur erfolgreichen Abwehr verschiedener Straftaten, einschließlich körperlicher Angriffe, wie ein roter Faden.
Sehr geehrter Herr Meltzer
Bin grad im Internet auf ihr Buch gestoßen, da ich als Vater zweier Kinder (10 und 11) besorgt über die Kölner Vorfälle am Bahnhof bin.
In unserer Stadt Bremerhaven erlebe ich auch immer mehr rauhere Umgangsarten der Menschen untereinander.. Bei der Beobachtung eines Fahrraddiebstahls wurde ich massiv bedroht als ich die Polizei benachrichtigte übers Handy.
ich bin sehr gespannt ob mir ihr Buch zum Verhalten in solchen Situationen helfen kann ; hab es grad bei der Buchhändlerin meines Vertrauens bestellt.
Mit herzlichen Grüssen
Ihr S.F.
Sehr geehrter Herr F.,
ich danke Ihnen für das Interesse an meinem Buch. Ich bin überzeugt, dass Ihnen diese Lektüre helfen kann.
Wenn Sie möchten, können Sie mir gern nach dem Lesen eine Rückmeldung geben.
Freundliche Grüße
Steffen Meltzer
Hallo Herr Meltzer,
ich hab schon einiges in Ihrem Buch gelesen und bin ganz begeistert- auch gerade vom Aufbau- Täterprofile, etc. so wird das Buch nicht nur auf „dumpfe “ Abwehrmannöver reduziert ,sondern trägt auch zur Vermeidung gefährlicher Situationen bei!
Wenn ich mit Ihrem Buch „durch “ bin meld ich mich gerne noch einmal!
Für Sie und Ihre Familie ein schönes Wochenende
Ihr S. F.