Ob Terroristen, Messerstecher oder Schläger, eine neue Modeerkrankung scheint das Land ergriffen zu haben. Wir können es oft in Polizei- und Pressemeldungen lesen. Der Täter sei „psychisch krank“ gewesen. Für mich jedesmal erstaunlich, wie schnell Laien beurteilen wollen, ob ein Mensch „psychisch gestört“ oder gar „erkrankt“ sein soll. Ärzte und Psychologen verwenden hierzu oftmals umfangreiche Testverfahren, denen ein mehrjähriges umfangreiches Studium vorangeht, um psychische Erkrankungen zu diagnostizieren. Nicht selten liegen dabei selbst Fachleute falsch, wie Gutachten immer wieder beweisen. Vor allem peinlich, wenn gesunde Menschen als „krank“ erklärt werden, um sie „ruhig“ zu stellen.
Dabei ist erwiesen, dass tatsächlich „psychisch gestörte oder erkrankte“ Menschen weniger Straftaten begehen, als sogenannte „normale Menschen“. Man kann natürlich jede Gewalttat mit einer Abnormität im Verhaltensspektrum „erklären“, das wäre aber zu kurz gesprungen. Kriege und Machtkämpfe, die mit der physischen oder psychischen Vernichtung der Gegenpartei enden, werden von sogenannten „Normalen“ begangen. Manchmal sitzen Schwerkriminelle in den Chefetagen großer Unternehmen, die ihre Aktivitäten jahrelang geschickt kaschieren und glänzend gefeiert werden. Da springt auch schon mal ein Bundesverdienstkreuz raus. Auch Börsianer sind bereit, lieber den Untergang des Abendlandes in den Kauf zu nehmen, als auf ihren Gewinn zu verzichten.
Da wir in Deutschland leben und soeben die neue Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) gefeiert wird: Bei der übergroßen Anzahl von angeblich erkrankten Gewalttätern, sollte man noch ein eine Fallzahl hinzufügen, wie viele davon „psychisch krank“ gewesen seien. Ich bin jetzt schon darauf gespannt, wer das in der Polizei einschätzen kann und will. Ich kenne keinen in den Behörden, der das am Tatort, innerhalb kurzer Zeit, wirklich diagnostizieren könnte. Das würde auch an Hellseherei grenzen. So wird zum Beispiel in der Polizei des Landes Brandenburg (Antworten der Landesregierung zu den Fragen 20 bis 22) erst 2018 ein Einsatztraining für Polizisten im Wach- und Wechseldienst aufgelegt, das den Umgang mit psychisch erkrankten Personen beinhaltet. 20 Jahre zu spät, wie eine ganze Reihe mir bekannter tragischer Vorfälle, mit getöteten oder schwer verletzten Polizeibeamten aufzeigen, während man diesbezüglich beispielsweise in Bayern deutlich fortgebildeter ist.
Davon einmal abgesehen, sehe ich in der inflationären Unterstellung, dass Straftäter „psychisch erkrankt“ seien, eine Diskriminierung von tatsächlich erkrankten Menschen. Das schürt auch unnütze Vorurteile, die es in unserer angeblich so toleranten und vielfältigen Gesellschaft gar nicht geben sollte. Schon der Psychoanalytiker Erich Fromm wusste zu berichten: „Die Normalen sind die Kränkesten und die Kranken die Gesündesten“.
Diese ständige Stigmatisierung in den Pressestellen erinnert mich an eine Zeit, in der man „Irre“ noch unter kerkermäßigen Bedingungen wegsperrte und „behandelte“. Der Verdacht liegt nahe, hier wird Politik auf Kosten von tatsächlich erkrankten Menschen betrieben, um Straftaten zu verniedlichen und eine tatsächliche Tatmotivation zu verbergen.
„Ein Drittel aller Deutschen wird im Laufe ihres Lebens mit einer Angststörung, Alkoholismus, Depressionen oder weiteren Erkrankungen zu kämpfen haben“. Die allerwenigsten werden dabei Straftaten begehen. Strafrelevant auffällig können hingegen Menschen mit Schizophrenie, Psychopathie und Substanzmittelmissbrauch werden. Diesem Personenkreis ist bei polizeilichen Einsätzen tatsächlich mit allergrößter Vorsicht zu begegnen, um Opfer auf beiden Seiten zu vermeiden. Dabei ist es nicht notwendig, „Diagnosen“ aufzustellen, sondern die Auffälligkeit im Verhaltensbereich zu erkennen. Es ist nicht Aufgabe der Polizei, einzuschätzen, ob und welche Erkrankung bei einem Täter vorliegt. Vielmehr sind besondere Eigensicherungsmaßnahmen zu ergreifen, auf die ich aber hier nicht im Einzelnen eingehen will. Bei einem erweiterten Interesse empfehle ich die Ausgabe „Deutsche Polizei“, Januar 2015, S. 4 bis 12.
Jeder zwölfte Tatverdächtige war 2017 ein „Flüchtling“. Auch hier wird gern eine Mär verbreitet, dass angeblich 40 bis 50 Prozent dieser Population unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) leiden würden. Diese Zahlen denken sich Unterstützerverbände der Helferindustrie sicher nicht ganz uneigennützig aus. Basis dieser „Studie“ waren gerade einmal 40 „Schutzsuchende“, nachdem 86 Personen die Mitarbeit verweigert hatten. Das kann man auch mit viel Wohlwollen nicht mehr als „Wissenschaft“ bezeichnen, sondern höchsten als Folklore zur Steilvorlage für manche Politiker.
Mit angeblichen „Erkrankungen“ lassen sich natürlich auch politisch heikle Tatsachen besser erklären, wenn „Geflüchtete“ überdurchschnittlich viele Straftaten begehen. Für den Rest der Untaten kann man immer noch den mangelnden Familiennachzug verantwortlich machen. Für solche Behauptungen ohne jegliche empirische Grundlage gibt es linientreue Experten.
Steffen Meltzer, Herausgeber und Autor von „Schlussakkord Deutschland – Wie die Politik unsere Sicherheit gefährdet und die Polizei im Stich lässt“
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