Immer öfter werden Rettungshelfer, Polizeibeamte und Ordnungskräfte bei ihrer verantwortungsvollen Arbeit angepöbelt, bedroht und körperlich attackiert. Allein die Zahl der Gewaltdelikte gegen Polizisten in NRW ist seit 2012 bis 2019 um mehr als 39 Prozent gestiegen. Im Jahr 2020 wurden laut Bundeskriminalamt ca. 85.000 Polizeibeamte bundesweit angegriffen. 113 Polizeibeamte wurden Opfer eines versuchten Tötungsdeliktes.
Die brutalen Tötungen zweier junger Polizeibeamten aus Rheinland-Pfalz sind der schreckliche Höhepunkt dieser Gewaltspirale. Die beiden wurden bei einer routinemäßigen Verkehrskontrolle erschossen. Nicht nur die gesamte „Polizeifamilie“ ist erschüttert und schockiert. Wir sind es alle, denn wir sind alle auch Opfer. Die beiden Polizeibeamten hatten Familie, Angehörige, Freunde, Sportkameraden, Bekannte und Nachbarn.
Polizeilicher Alltag ist alles, aber nie Alltag. Leider: Der Umgangston in unserer Gesellschaft ist rauer geworden – nicht nur im Internet, auch auf der Straße. Es sind stärkere Radikalisierungsprozesse und Verrohung zu beobachten und immer häufiger kommt es nicht nur bei Demonstrationen zu Angriffen. Auch aus der sogenannten „bürgerlichen Mitte“ mehren sich die Anfeindungen, oft verbunden mit Gewalt gegen Personen wie Sachen. Die Respektlosigkeit Polizeibeamten, Ordnungskräften, Rettungsdiensten gegenüber darf die schweigende Mehrheit unserer Gesellschaft nicht mehr länger hinnehmen. Denn der blinde Hass, der in vielfacher Form zu einer Verächtlichmachung von Demokratie und Rechtsstaat eskaliert, ist brandgefährlich. Gewalt gegen Polizei und Sicherheitskräfte ist deshalb Gewalt gegen uns alle. Die Polizei darf nicht länger missbraucht werden als Prellbock gesellschaftlicher Konflikte.
Ja, unserem NRW-Innenminister Herbert Reul ist es gelungen, unser Nordrhein-Westfalen in vielen Bereichen wieder sicherer zu machen. Dafür Danke!
Aber zu Recht mahnt er auch mehr gesellschaftliche Rückendeckung für jene an, die Tag für Tag für unsere innere Sicherheit den Kopf hinhalten.
Man mag höhere Strafen fordern für Angriffe auf Polizeibeamte sowie eine bessere Ausrüstung. Aber noch wichtiger sind ein anderes gesellschaftliches und öffentliches Meinungsklima. Ich wünsche mir hier aus der Mitte der Gesellschaft klare Zeichen.
Ich wünsche mir insbesondere mehr Respekt für all jene, die in hervorragender Weise für unser Gemeinwohl arbeiten und sich Tag für Tag für unser aller Sicherheit sowie Gesundheit engagieren.
Ohne Rückhalt aus der Politik wie von den gesellschaftlichen Institutionen und Meinungsführern drehen wir die Spirale der Gewalt nicht zurück. Daher: Keine Symbolpolitik, sondern Taten sind gefragt. Das Engagement eines jeden einzelnen Bürgers, der ein Recht hat auf freiheitliche Entfaltung und körperliche Unversehrtheit ist jetzt das Gebot der Stunde!
Von zahlreichen Polizeibeamten hört man immer wieder, dass die zahlreichen milden Urteile nach Widerstandsdelikten für Frustration sorgen. Es bedarf nicht zwingend symbolischer Strafmaßerhöhungen. Es bedarf einer angemessenen Anwendung des zur Verfügung stehenden Strafmaßes. Hier ist die Justiz gefragt und könnte als Garant gegen diese Frustration einen wichtigen Beitrag leisten.
Jeder Bürger, jede Bürgerin ist Multiplikator für einen respektvollen Umgang.
Dazu möchte ich heute aufrufen.
Die Polizeibeamten, die für uns alle tagtäglich leidenschaftlich im Einsatz sind, danken ihnen.
Denn auch sie alle wollen von ihrer Arbeit wieder heil nach Hause kommen zu ihren Familien.
Mit kölschem Gruß,
Kristian Beara
Zum Autor: Kristian Beara ist engagierter Polizeibeamter und Vorstandsmitglied Deutsche Polizeigewerkschaft Köln
Anm. Steffen Meltzer: Bei Gastbeiträgen handelt es sich um persönliche Meinungen der jeweiligen Autoren. Die Bewertungen überlasse ich erwachsenen und mündigen Lesern. Meiner Kommentare bedarf es dazu nicht.
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