Für die Mitte, den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Mittelstand, war einst die Union da. In das Loch, das sie hinterließ, purzeln nun ihre Zustimmungswerte.

Mir kommt die deutsche Politik vor wie ein Donut: Alle umkreisen die Mitte, aber da ist nichts. Nur ein großes, gähnendes Loch. Von einer Berliner Politik wird aber etwas ganz anderes erwartet, nämlich dass das Beste in der Mitte ist, die leckere Marmelade!

Für diese Mitte, den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Mittelstand, war einst die Union da. In das Loch, das sie hinterließ, purzeln nun ihre Zustimmungswerte.

Ob in der Union wirklich angekommen ist, dass eine behutsame Kursänderung mit neuen Leuten, die keiner kennt, bei weitem nicht reicht, sondern eine rasante Kehrtwende erforderlich ist, ist fraglich. Es mag mittlerweile unstreitig sein, dass einer der wichtigsten Wahlkampfhelfer der SPD Markus Söder mit seiner CSU war. Dass klare eigene Positionen erforderlich sind, womit man sich von Rot-Grün abhebt, dämmert dank der Jungen Union auch einigen. Die Erkenntnis aber, dass Kompromisse zwar sinnvoll sein können, sie aber nie am Anfang, sondern erst am Ende einer Verhandlung stehen und es Positionen gibt, die grundsätzlich nicht verhandelbar sind, ist noch nicht wirklich durchgedrungen.

Wenn Männer Frauen für ihr Eigentum halten und meinen, sie dürften mit ihnen machen, was sie wollen, u.a. auch misshandeln, dann ist dies z.B. eine nicht kompromissfähige Position. Wie sollte ein Kompromiss aussehen? An allen Tagen mit „S“ darf man Frauen schlagen, an anderen nicht? Die erste Frage ist also, was ist einem Kompromiss überhaupt zugänglich. Die Ansicht, alles stünde zur Debatte, ist Teil des Problems und nicht der Lösung. Die zweite Frage wäre, ob der, den man vertritt, einen Kompromiss überhaupt zu akzeptieren bereit ist.

Repräsentant – wofür?

Man muss allerdings wissen, wessen Interessen man als Partei überhaupt vertreten will.

Dass das rot-grüne Parteienspektrum für den über multiple oder fluide Geschlechter verfügenden, vegan und urban lebenden Hipster steht, dürfte bekannt sein. Diese Spezies will eine allmächtige zentrale Staatsgewalt, am besten gleich eine Weltregierung, die zur Beruhigung des eigenen Gewissens die Erd- und Klimarettung besorgt. Kostenlose Lieferung von U-Bahn-Verbindungen ebenso inklusive wie gut ausgebaute Fahrradwege, mit denen man den lauten und lästigen Autoverkehr der „Migranten“ aus anderen Stadtteilen oder gar Orten verhindert – die stören das eigene Idyll ja so etwas von mega!

Aber wer vertritt eigentlich die anderen? Diejenigen, die nicht nur wissen, welches Geschlecht sie haben, sondern auch gar kein Problem damit? Die normal essen, jeden Tag zur Arbeit gehen, eine Familie haben, um die sie sich kümmern und die nichts weiter wünschen, als ihr Leben friedlich in bescheidenem Wohlstand zu verbringen? Die dort leben, wo der Staat mitsamt ÖPNV eher fern ist und die Devise gilt „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“? Es waren genau diese Menschen, die bei der Katastrophe im Ahrtal aufgrund dieser Lebenseinstellung sofort zur Stelle waren und halfen. Der Staat, der die Bürger erst komplett im Stich ließ, „hilft“ ihnen nun in Form ebenso unverständlicher wie umfangreicher Antragsformulare…

Der Frust dieser im Stich gelassenen Mitte ist groß

„Wir sitzen bis Oberkante Unterlippe fest in der Scheiße. Und die, die uns da hinein geritten haben, faseln von „Herausforderungen, die wir meistern müssen“, ohne jemals die Scheiße selbst schmecken zu müssen“, so der Originalton aus einem mittelständischen Unternehmen. Was dieser Kritik an Eleganz fehlt, macht sie durch Ausdrucksstärke wett.

Aktueller Anlass dieser Äußerung sind die steigenden Energiepreise, verbunden mit instabiler Versorgung, denn nur weil die Kosten hoch sind, heißt es ja nicht, dass man nicht auch mal den Strom abgeschaltet bekommt. Damit hat das Unternehmen praktisch keine Überlebenschancen.

Schon vor Corona lief es bei vielen Unternehmen nicht mehr so rund, wie es nach außen den Anschein hatte. Der Brexit hat einige getroffen, andere hatten Lieferengpässe, weil Teile einfach nicht mehr zeitgerecht bei ihnen ankamen: Staus und Baustellen und auch das schlichte Fehlen ausreichend dimensionierter Straßen machen sich in der Wirtschaft stark bemerkbar. Wer eine führende Volkswirtschaft sein will, muss über hervorragend ausgebaute Infrastruktur inklusive entsprechender Straßen verfügen.

Das waren die Probleme, als es noch alles gab. Nun gibt es keine Container zum Verschiffen, kein Eisenerz zum Gießen und kein Magnesium für die Metallverarbeitung. Das sind nur zwei Beispiele für den Rohstoffmangel, dieser wird sich zukünftig verschärfen!

Die fehlende strategische Sicherheit auf Feldern, die für unsere Industrie von existenzieller Bedeutung sind, sieht man ebenso beim Halbleitermangel. Biden gibt Milliarden aus, um die Halbleiterfertigung auszubauen, obgleich die USA vergleichsweise gut dastehen. Und wir?

Dann kommen immer mehr Umweltauflagen dazu, gut ausgebildete Arbeitskräfte gibt es auch nicht. Es nützt dem Mittelständler nichts, wenn Menschen („Geschenke“) ins Land geholt werden, es gibt keinen Kräftemangel, sondern einen FACHkräftemangel.

Mangelwirtschaft überall. Erinnert nur mich das fatal an den DDR-Witz über Bananen?

Die Industrie in Deutschland wurde ganz gezielt zerstört. Pharma- und Kernkraftbranche sind weg, jetzt sind die Autoindustrie sowie der sonstige Maschinenbau und die gesamte Metallindustrie an der Reihe. Mit dem Abschalten der letzten am Netz befindlichen Kernkraftwerke und dem Verzicht auf den Bau neuer, sicherer Kernkraftwerke gibt Deutschland seine Industrie endgültig auf, begibt sich zudem in völlige Abhängigkeit vom Ausland: Ohne dessen Hilfe gehen bei uns die Lichter aus. Gratulation an die Verantwortlichen!

Was es demgegenüber reichlich gibt, ist Bürokratie ohne Ende, verursacht direkt durch den Staat oder z.B. durch Berufsunfallgenossenschaften, die für den Arbeitsschutz zuständig sind. Man kann ja nicht einfach nur einen Arbeitsplatz schaffen, dieser muss Unmengen von Vorgaben genügen. Das allein kostet enorm Zeit und Geld. Merkwürdig, bei Corona und Homeoffice war das plötzlich alles egal!

Auf diesen Berg an Belastungen und Mangelwirtschaft kommen die explodierenden Preise. Wenn die Kosten steigen, die Einnahmen aber nicht – und woher sollten gestiegene Einnahmen kommen? – dann muss gespart werden. Also steht auf der Tagesordnung die Kündigung der Tarifbindung, denn das Geld für die hohen Tariflöhne ist schlicht nicht mehr da. Sonderzahlungen mussten schon verschoben werden. Das spüren die Mitarbeiter ganz unmittelbar in ihrem Portemonnaie.

Das Problem: Die Tarifbindung wirkt noch zwei Jahre nach. Reichen die Rücklagen bis dahin? Und: Lohnt sich der Aufwand überhaupt, gibt es den Betrieb noch so lange? Hat er überhaupt irgendeine Zukunft?

Die Kündigung des Tarifvertrags wäre so gesehen ein hoffnungsfrohes Zeichen, denn dann hält der Unternehmer es für überwiegend wahrscheinlich, in zwei Jahren noch am Markt zu sein. Wenn das aber die gute Nachricht ist, dann kann man sich ausmalen, was die Schlechte ist.

Die Großen und die Kleinen

Für die Mitarbeiter ist das eine schlimme Lage. Viele kennen solche Situationen nicht, sind im Wohlstand groß geworden. Sie haben nur wenige Rücklagen, die ständig weniger wert werden, denn die Inflation steigt.

Damit steigen die Kosten: Miete, Heizung, Nahrung, die Fahrt zur Arbeit – alles wird teurer. Es geht dem Privatmann genau wie dem Unternehmer. Manche Mitarbeiter haben ein Haus gebaut – in der Provinz, dort wo die meisten Mittelständler sitzen und Arbeit bieten, ist das noch möglich. Aber wie sollen die Hypotheken abbezahlt werden ohne Arbeit? Oft arbeiten beide Ehepartner in demselben Unternehmen, weil es der größte Arbeitgeber der Umgebung ist. Oder einer arbeitet in einem benachbarten Unternehmen, das als Zulieferer fungiert. Da ist der Domino-Effekt vorprogrammiert, die Probleme des einen sind die Schwierigkeiten des anderen. Arbeitgeber, die als Alternative für die „freigesetzten Mitarbeiter“ (wie es euphemistisch heißt) in Betracht kämen, gibt es nicht. Was dann?

Natürlich fragen sich die Mitarbeiter, wie es weitergehen soll, welche Zukunft sie haben. Was soll aus der Rente werden? Und in was für eine Zukunft gehen die Kinder?

Aufgrund der Inflation werden Forderungen nach höheren Löhnen laut. Das ist verständlich, aber in Zeiten, in denen die Industrie am kränkeln ist, die Automobilbranche reihenweise Leute entlässt, deren Zulieferer nicht wissen, wie es weitergehen soll, werden die Gewerkschaften es schwer haben. Eigentlich erstaunlich: Nie begehrten sie gegen Deindustrialisierung auf, nie unterstützten sie Familienunternehmen und KMU, wandten sich gegen die Energiewende oder die sogenannte Euro-Rettung, deren negative Auswirkungen den normalen Arbeitnehmer ebenso treffen wie den Mittelständler.

Generell scheint die Zeit der Gewerkschaften vorbei zu sein. Ihre wenig flexiblen tariflichen Eingruppierungen, die einen hohen Personalaufwand in Unternehmen erfordern, sind für wie Behörden geführte Großkonzerne tragbar, aber für KMU eine erhebliche Belastung. Sie entsprechen auch nicht mehr heutigen Vorstellungen von flexibler Arbeitsgestaltung. Da Fachkräfte zudem dringend gesucht werden, haben Arbeitnehmer die Macht, sie brauchen keine Gewerkschaft mehr als Interessenvertretung, schon gar nicht, wenn diese den existenziellen Interessen der Arbeitnehmer so gleichgültig gegenübersteht.

Der gesellschaftliche und wirtschaftliche Mittelstand, in den letzten Jahren abgehängt von der Politik, wird weiter geschröpft. Und während dieser unter den Belastungen, die er kaum oder gar nicht mehr tragen kann, ächzt, schmeißt die Politik munter mit Millionen oder Milliarden um sich. Die Kleinen werden geknechtet, die Großen hofiert.

Angesichts dieser Lage fragen sich einige äußerst erbost, wie es sein kann, dass jemand wie Olaf Scholz ernsthaft als Kanzler überhaupt in Betracht kommt. Seine Verstrickungen im CumEx-Skandal sind bekannt, wenngleich das konkrete Ausmaß wegen seiner Erinnerungslücken noch nicht. Da fragt sich aber Otto Normalarbeitnehmer, wie jemand, dessen Gedächtnis so schlecht funktioniert, dieses Land regieren kann? Oder gar sollte? Und was ist mit seinen Koalitionspartnern, haben die damit wirklich kein Problem? Wenn dem so ist – sollten die dann das Land regieren?

Zur Erinnerung:

Die Hamburger Finanzbehörde hat im Jahr 2016 darauf verzichtet, von der Warburg-Bank wegen illegaler CumEx-Geschäfte knapp 50 Millionen Euro zurückzufordern. Ein Jahr später wiederholte sich dieser Vorgang, bei dem es um einen Betrag von 56,4 Mio. € ging, bis das Bundesfinanzministerium dies durch eine Weisung verhinderte. Darin verwickelt sind der damalige Bürgermeister Olaf Scholz nebst Finanzsenator Peter Tschentscher (beide SPD), der heute Bürgermeister ist. Der Vorsitzende der Warburg-Bank Christian Olearius notierte laut Presseberichten über sein Gespräch mit Scholz, er interpretiere die Reaktion von Olaf Scholz so, dass wir uns keine Sorgen zu machen brauchen.

Aber es geht noch weiter, neben CumEx gibt es den CumCum-Skandal. Dabei geht es um Steuererstattungen, auf die überhaupt kein Anspruch bestand. Der Schaden ist ungleich größer, es geht um gut 28,5 Milliarden €. Zurückgeholt wurden bis heute nicht einmal 0,5%. Offenbar kein Interesse, warum auch, ist ja nur Steuergeld.

Wie soll man das eigentlich einem normalen Bürger und Arbeitnehmer erklären? Diese Frage stellte sich schon bei der illegalen Einwanderung, sie ist mit Wucht zurück. Dass er mit Belastungen und Abgaben erdrosselt wird, auch Corona-Hilfen mit Zinsen zurückzahlen muss, bei der kleinsten Geschwindigkeitsübertretung gnadenlos verfolgt und hart bestraft wird oder wenn er (ganz schlimm) GEZ-Gebühren nicht bezahlt, heißt es dann: Ab in den Knast. Wenn es jedoch um Millionen oder Milliarden-Steuerbetrug geht, kümmert das keinen. Wer darin verstrickt ist, wird Kanzler? Echt jetzt?

Das Loch in der Mitte

Wie groß der Frust ist, offenbarte auch ein mittlerweile weit verbreiteter Facebook-Kommentar von Prof. Dr. Knut Löschke:

„Ich habe es satt, oder, um es noch klarer auszudrücken: ich habe die Schnauze voll vom permanenten und immer religiöser werdenden Klima-Geschwafel, von Energie-Wende-Phantasien, von Elektroauto-Anbetungen, von Gruselgeschichten über Weltuntergangs-Szenarien von Corona über Feuersbrünste bis Wetterkatastrophen. Ich kann die Leute nicht mehr ertragen, die das täglich in Mikrofone und Kameras schreien oder in Zeitungen drucken. Ich leide darunter miterleben zu müssen, wie aus der Naturwissenschaft eine Hure der Politik gemacht wird.

Ich habe es satt, mir von missbrauchten, pubertierenden Kindern vorschreiben zu lassen, wofür ich mich zu schämen habe. Ich habe es satt, mir von irgendwelchen Gestörten erklären zu lassen, dass ich Schuld habe an Allem und an Jedem – vor allem aber als Deutscher für das frühere, heutige und zukünftige Elend der ganzen Welt.

Ich habe es satt, dass mir religiöse und sexuelle Minderheiten, die ihre wohl verbrieften Minderheitenrechte mit pausenloser medialer Unterstützung schamlos ausnutzen, vorschreiben wollen, was ich tun und sagen darf und was nicht.

Ich habe es satt, wenn völlig Übergeschnappte meine deutsche Muttersprache verhunzen und mir glauben beibringen zu müssen, wie ich mainstream-gerecht zu schreiben und zu sprechen habe.

Ich habe es satt mitzuerleben, wie völlig Ungebildete, die in ihrem Leben nichts weiter geleistet haben, als das Tragen einer fremden Aktentasche, glauben Deutschland regieren zu können.“…

Noch ein Mann, dem der Kragen platzt. Auch der Rest des Kommentars ist sehr lesenswert. Warum ist das so?

Alle reden von der Mitte, aber tatsächlich vertritt keiner deren Interessen.

„Eigentlich ist der Befund klar – doch die CDU ist seit drei Jahren ein Experte darin, Machtfragen ungeschickt zu lösen.“, so der Focus treffend.

Das betrifft nicht nur das Personal.

Annette Heinisch: Studium der Rechtswissenschaften in Hamburg, Schwerpunkt: Internationales Bank – und Währungsrecht und Finanzverfassungsrecht. Seit 1991 als Rechtsanwältin sowie als Rechts – und strategische Beraterin von Entscheidungsträgern vornehmlich im Bereich der KMU tätig. Sie ist Mitautorin des Buches „Die hysterische Republik“


Anm.: Bei Gastbeiträgen handelt es sich um persönliche Meinungen der jeweiligen Autoren, nicht um meine. Die Bewertungen überlasse ich erwachsenen und mündigen Lesern. Meiner Kommentare bedarf es dazu nicht.