Wenden Sie im Notfall nur einfache Abwehrmaßnahmen an, die sie sicher beherrschen. Sie müssen nicht zwangsweise eine Zweikampfschule besucht haben. Nur die Wenigsten sind in der Lage, komplizierte Techniken im Überlebenskampf erfolgreich anzuwenden, wenn diese nicht durch ein nachhaltiges Training im Unterbewusstsein fest verankert sind. Wer es kann,- wunderbar. Dann auch anwenden. Für eine Zweikampfausbildung spricht außerdem, dass es das Selbstbewusstsein verbessert und das strahlt auf Täter aus! Sexstrolche suchen sich dann lieber ein wehrloseres Opfer, zugegebenermaßen wenig tröstlich für den, den es dann trifft.
Distanz, Distanz und nochmals Distanz, laufen Sie nicht gedankenversunken mit einem aufgesetzten Tunnelblick. Augen vom Handy und Ohrhörer ab! Gehen Sie – sofern möglich – potentiellen neu entdeckten Gefahren weiträumig aus dem Weg. Das geht jedoch nur mit einem aufmerksamen peripheren Blick. Das hat nichts mit Verfolgungswahn zu tun. Gewöhnen Sie sich ein „gelassenes Gefahrenbewusstsein“ an, das Thema wird Sie deshalb nicht beherrschen. Geraten Sie jedoch jemals in eine schwierige Situation, sind Sie gut vorbereitet. Gelingt das nicht, gilt es die Schockphase schnell zu überwinden, um seine eigene Handlungsfähigkeit wieder herzustellen. Das geht schneller, wenn man trainiert ist. Aber, es funktioniert körperlich auch untrainiert gut, wenn man sich für den Fall des Falles mental vorbereitet, einen Plan A und B zurechtgelegt hat. Nun heißt es, sich in der Krisensituation daran zu erinnern und so einen Überraschungsmoment für den Täter zu schaffen um aus der Gefahrenzone zu fliehen. Ich rate deshalb nicht zu aufwendigen Zweikampftechniken, sondern zum einfachen intuitiven Verhalten, das genetisch in uns angelegt ist. Nutzen Sie Ihren Adrenalinschub! Stimme einsetzen, um sich schlagen (z. B. strampeln, schlagen, boxen, beißen, kratzen, spucken, losreißen), wegrennen und dabei schreiend auf sich aufmerksam machen. Sprechen Sie Menschen gezielt nach Hilfe an. In unserer Zeit ist das leider nötig, es wird eher gefilmt anstatt zu helfen! (Verantwortungsdiffusion).
Übernehmen Sie die Initiative und zeigen Sie, dass Sie wehrhaft sind. Erfahrungsgemäß lassen die meisten Täter vom Opfer ab. In einer „Kosten-Nutzen-Analyse“ suchen Täter vor allem leichte Opfer. Wenn Sie von einem kalten Täter ein Messer an den Hals gehalten bekommen, wehren Sie sich vorerst nicht, gleiches gilt, man schaut in einen Pistolenlauf. Widerstand sofort einstellen, wenn man wenigstens überleben will! Es wird sich immer noch eine Gelegenheit ergeben, eine Situation zu erschaffen um zu flüchten, siehe meine vorangegangenen Zeilen.
Pfefferspray kann sinnvoll sein, muss es aber nicht. Ich bin kein Vertreter davon, vom Einsatz dieses Mittels in Notwehrsituationen abzuraten, was offiziell oft getan wird. Rechtlich korrekt zur Anwendung gebracht kann der Einsatz sehr sinnvoll sein. (In Deutschland als Tierabwehrspray zugelassen, Anwendung gegen Menschen nur zur Notwehr – unter vielen weiteren rechtlichen Aspekten). Damit sind jedoch Gefahren verbunden. Meistens ist es gerade nicht zur Hand, wenn man es braucht. Die Suche in irgendwelchen Taschen oder gar der Handtasche bleibt „in der Hitze des Gefechts„ oft erfolglos. Deshalb immer am gleichen Ort des Körpers aufbewahren! Wenn Frau an einen erfahrenen Täter gerät, entreißt er dem Opfer möglicherweise das Spray und dreht den Spieß um. Bei ca. 15 % aller Personen wirkt Pfefferspray überhaupt nicht, bei einer weiteren großen Anzahl erst nach vielen Sekunden bzw. Minuten. Wer das nicht berücksichtigt, erlebt seine eigene böse Überraschung. Rechtlich korrekt und effektiv eingesetzt, kann dieses Einsatzmittel einen prima Überraschungseffekt schaffen, der dem potentiellen Opfer zur Flucht verhilft – wenn man nicht wie angewurzelt stehen bleibt um zu schauen ob das Mittel wirkt. Meine kurzen Zeilen zur Abwehr eines Verbrechens haben natürlich in so einem kurzen Beitrag keinen Anspruch auf Vollständigkeit, die Anwendung der Ratschläge erfolgt ohne Garantie und auf eigene Gefahr.
Steffen Meltzer, Buchautor von „So schützen Sie Ihr Kind! Polizeitrainer vermittelt Verhaltensrichtlinien zur Gewaltabwehr“ und „Ratgeber Gefahrenabwehr: Wie Sie Gewalt- und Alltagskriminalität in der Gesellschaft begegnen“.
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