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Mobbing ist ein weit verbreitetes Phänomen. Die Dunkelziffer (circa eine Million Arbeitnehmer) ist enorm hoch, da Betroffene oftmals davor zurück­schrecken, solche Handlungen anzu­zeigen. Das Thema Mobbing war in den 90er-Jahren eine regelrechte Mo­deerscheinung. Mobbingvereinbarun­gen schossen wie Pilze aus dem Boden, um diesem tagesaktuellen Thema poli­tisch korrekt Folge zu leisten. Inzwi­schen ist diese Rubrik aus dem Fokus weitestgehend verschwunden. Dabei ist der damit verbundene Psychoterror so präsent wie immer.

Nur die Politik der Behörden und Unternehmen hat sich grundlegend geändert, der Ab­wehrreflex lautet: Aus den Augen, aus dem Sinn, alles abstreiten!

Was ist Mobbing? „Das sind Geschehensprozesse in der Arbeitswelt, in denen destruktive Handlungen unterschiedlicher Art wie­derholt und über einen längeren Zeit­raum gegen Einzelne vorgenommen werden und dessen ungebremster Ver­lauf für die Betroffenen dazu führt, dass ihre Befindlichkeit und Gesundheit be­einträchtigt werden, ihre soziale Isolati­on und Ausgrenzung zunehmen und regelmäßig im Verlust ihres bisherigen beruflichen Wirkbereichs endet.“ (Wol­merath & Esser 2008, S. 22). Die wichtigste Vorgehensweise da­bei ist eine perverse Kommunikation. Dabei wird die Sprache manipuliert und entstellt. Lügen und unbeweisbare Behauptungen, Sarkasmus, Spott und Verachtung usw. werden in paradoxer Abfolge eingesetzt. Die Diskrepanz zwischen scheinbar undramatischen Attacken und dramatischen Auswir­kungen gibt dem unerfahrenen Beob­achter Rätsel auf. Er kommt leicht zur Vermutung von Überempfindlichkeit des Betroffenen. Ein Mobbingfall setzt sich aus einer Vielzahl solcher Atta­cken, Manipulationen, Demütigungen, Ausgrenzungen, Verunsicherungen, Belästigungen oder Diskriminierungen zusammen, die über einen län­geren Zeitraum einwirken. (GdP-Ar­beitsbroschüre Nr. 16).

Es gibt allerdings keine einheitliche Mobbingdefinition, wir finden von Ar­beitgeber zu Arbeitgeber ganz ver­schiedene Beschreibungen. Deshalb fällt es beispielsweise dem Dienstherrn leicht, Mobbing abzustreiten. Behör­den und Vorgesetzte mauern bei die­sem Thema, da nicht sein kann, was nicht sein darf – und zwar deutschland­weit. Stattdessen werden „Papierla­gen“ geschaffen, die nicht selten als Papiertiger enden. So wird die Chance verkannt, reinen Tisch zu machen, da nur so eine konstruktive Teamentwick­lung möglich ist. Stattdessen werden Probleme lieber geleugnet und der Ge­mobbte als Querulant abgestempelt, ohne dabei den Gesamtorganismus zu betrachten. Es gibt bestimmte Struktu­ren mit einer damit einhergehenden Führungs(un)- „Kultur“, die Mobbing be­günstigen. Die Polizei ist mit ihrer strengen Hierarchie dafür geradezu prädestiniert. Mitunter finden sich dann Personen mit Merkmalen, wie Wichtigtuerei oder narzisstisches Mit­telpunktstreben, die ihre Profilierung erfolgreich auf Kosten anderer betrei­ben. Dann kommt es schnell zu regel­mäßigen Angriffen auf Menschen, die sich aus irgendwelchen Gründen von anderen unterscheiden. Hat der Ge­mobbte in der Folge endlich aufgege­ben und ist aus dem Team ausgeschie­den, wird zur allgemeinen Überra­schung bald der nächste Mitarbeiter gemobbt.

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Nanu, warum ist das so? Weil daraus die Führungskultur durch den Weggang des Gemobbten als bewährt hervorgegangen war und die Persönlichkeitsmerkmale der Tä­ter unangetastet blieben. Jedes fol­genlose antisoziale Verhalten führt dazu, dass in immer kürzeren Abstän­den immer perversere Angriffe legali­siert werden, da sich die Täter in ih­rem Umgang gegenüber den auserwählten Opfern durch Nichtahn­dung gestärkt fühlen. Dreht sich die Spirale der Perfidität somit ungestört weiter, gibt es bald kein Zurück mehr. Viele Mitläufer machen schon deshalb gemeinsame Sache, damit sie nicht selbst die nächsten Auserwählten auf der Klaviatur der Niedertracht sind. Behörden, die Mobbing einräumen, könnten auch zugeben, dass mit ihrer Arbeitsorganisation und der Personal­auswahl ihrer Führungskräfte etwas falschgelaufen ist. Mobbing dient mit­unter einer kalten Personalpolitik, um rechtliche Gepflogenheiten zu umge­hen, mit anderen Worten: Sie etabliert sich, um einen Aufwand für Konflikt­lösungsverfahren, Einhaltung von Rechtsvorschriften und Schriftverkehr mit Rechtsanwälten wegzudrücken. Außerdem braucht man keine Täter gegen deren Willen umsetzen, Disziplinarmaßnahmen einleiten usw. Es profitieren in der Summe somit ganz viele davon, wenn der Geschädigte als krank und querulatorisch abgetan und entfernt wird.

Mobbing kann Straftat­bestände enthalten wie: unterlassene Hilfeleistung, Nötigung, Verleumdung oder üble Nachrede. Außerdem bein­haltet es Verstöße gegen das Arbeits­schutzgesetz, denn jeder Arbeitgeber ist verpflichtet, seine Arbeitnehmer gegen menschenverachtende Aus­wüchse dieser Bösartigkeiten zu schützen. Mobbing verstößt vor allem gegen das Beamtenrecht („vertrau­ensvolle Zusammenarbeit“) und ist damit auch diesbezüglich durch ein Verfahren gegen den Täter zu ahn­den.

Ein Vorgesetzter, der von Mob­binghandlungen Kenntnis hat und nicht einschreitet, begeht selbst beam­tenrechtliche Verfehlungen. Es kann nicht sein, dass Beamte, die selbst in Sold und Lohn stehen, andere Beamte belästigen, schikanieren und deren Persönlichkeitsrechte verletzen. Wer­den die Geschädigten daraufhin krank, kann der Straftatbestand der Körperverletzung gegeben sein. Au­ßerdem sorgen die Täter dafür, dass geschädigte Beamte ihre Arbeitskraft nicht zur Verfügung stellen können. Dadurch werden Steuergelder miss­braucht, was durchaus einen Landes­rechnungshof explizit interessieren könnte.

Geht Mobbing über viele Jah­re, können schwere Erkrankungen, Frühverrentung, bis hin zum Tod des Betroffenen durch Suizid, Herzinfarkt, Schlaganfall usw. die Folge sein. Der wirtschaftliche Schaden beträgt nach Schätzungen des DGB ca. 25 Milliar­den Euro pro Jahr. Aber auch auf­grund der damit verbundenen menschlichen Schicksale heißt es, sol­che Zustände nicht zu dulden. Wie kann ein „Mobbingverfahren“ in der Polizei ablaufen?