von Steffen Meltzer
Wir haben uns inzwischen in der Bundeshauptstadt daran gewöhnt, dass man stets und ständig mit künstlich erzeugte Staus der „Letzte Generation“ rechnen muss, die die bürgerliche Freiheit des Einzelnen erheblich einschränken und Menschenleben gefährden. Bisher wurden die Kosten für die Einsätze von Polizei und Feuerwehr vom Steuerzahler beglichen, also auch von den Opfern der Freiheitsberaubungen. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, will diesen Zustand abändern. Ob er das Vorhaben in seinem Senat und vor allem gegenüber allen Stadtbezirken durchsetzen kann, steht gegenwärtig in den Sternen. Erst einmal haben sich die SPD-Mitglieder auf einer Delegiertenkonferenz dagegen ausgesprochen, den Präventionsgewahrsam von zwei auf fünf Tage zu verlängern. Ihre Begründung: „Der Rechtsstaat muss Meinungsäußerungen auch dann aushalten, wenn die Protestformen noch so stark am Nervenkostüm vieler nagen. Der polizeiliche Unterbindungsgewahrsam darf keinen Sanktions-Charakter bekommen.“ Nun ja, einige werden sich an andere Umgangsformen gegenüber legitimen Auffassungen erinnern können.
Wie bekannt ist, wurde unter Federführung des LKA Bayern in mehreren Bundesländern bei einigen der Klima-„Aktivisten“ eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Es steht der Verdacht zur Bildung einer kriminellen Vereinigung im Raum. Ich möchte im Weiteren nicht darauf eingehen, ob diese Razzien notwendig waren oder auch nicht. Nur zur Erinnerung: Hier geht es nicht darum, ob jemand in den sozialen Medien oder auf Vorträgen eine „falsche Meinung“ vertreten hat, sondern um die Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen, Angriffe auf Unternehmen und Kritische Infrastrukturen, Gefährdungen im Straßen- und Flugverkehr, erhebliche Sachbeschädigungen bis hin zur Freiheitsberaubung von Personen. Mir ist in anderen Zusammenhängen bekannt, dass in der Vergangenheit Hausdurchsuchungen bei anderen Beschuldigten durch Gerichte für illegitim erklärt wurden.
Ich möchte auf die Betroffenen der Ermittlungsverfahren zurückkommen. Entsprechend empörend und emotional aufgeladen waren die Proteste der radikalen „Avantgarde“ der Klimabewegung. Von angekündigten „Massenprotesten aufgrund der Razzia“ war in den Interviews des ÖRR die Rede, dabei kamen in der 3,6 Millionen Stadt Berlin gerade einmal 300 Personen (Schätzung der Polizei) zusammen. Die Protestformen werden vom übergroßen Teil der Bevölkerung, trotz reichhaltiger Unterstützung durch „Spenden“ aus dem Ausland und den regionalen sowie überregionalen Medien, nicht angenommen. Das Gegenteil ist der Fall.
Die sogenannte „Pressesprecherin“ der „Letzte(n) Generation“, Carla Hinrichs, bekannt aus Presse, Rundfunk und Fernsehen stach dabei mit ihrem Empörungsvideo besonders hervor. Mit erstarrten Gesichtszügen und dem Sprachduktus einer vom Feind bedrohten Kommandostelle beklagte sie sich wie auf Knopfdruck über die polizeilichen Maßnahmen: „(…) man kennt es nur aus dem Film, plötzlich wacht man auf, weil gegen deine Tür gedonnert wird, man wacht auf, weil ‚Polizei‘ geschrien wird und plötzlich steht ein Polizist mit schusssicherer Weste vor deinem Bett und richtet eine Waffe auf dich (…)“. Auf ihre weiteren Vorwürfe, die sie geschickt mit dem angeblich vorsätzlichen Quälen von Kindern (Regierung schickt ihre eigenen Kinder in die Klimahölle) und der eigenen Heroisierung unterlegt, möchte ich aus Platzgründen nicht weiter eingehen. Sie wirken auf mich sektenartig-manipulativ bzw. empört-dramatisch.
Zum Vorwurf, die Polizei hätte eine Waffe auf Frau Hinrichs gerichtet
Ob die Waffe aus dem Holster gezogen wurde oder nicht, ist dabei sekundär. Es liegt durch die Polizeibeamten keine Straftat vor. Das Ziehen der Schusswaffe ist ausdrücklich NICHT gleichbedeutend mit der Androhung der Schusswaffe. Es handelt sich um eine legitime Eigensicherungsmaßnahme von Polizeibeamten bei relevanten Einsätzen. Davon einmal abgesehen, dass es bisher nicht bewiesen ist, dass die Einsatzkräfte tatsächlich mit gezogener Waffe am Bett von Carla Hinrichs gestanden hätten. Es handelt sich bisher lediglich um eine aufgestellte Behauptung, die offensichtlich starke Emotionen und Solidarität mit dem „Opfer“ erzeugen (sollen). Der mutmaßlichen Tatvorwürfe gegen Hinrichs und Genossen waren, wie bereits angeführt, keinesfalls Delikte der harmloseren Sorte. Hinzu kommt, dass das Betreten von Wohnungen im polizeilichen Einsatz für jeden Polizeibeamten eine Hochrisikolage darstellen kann. Dort liegen Messer griffbereit. Beispielsweise fasst jemand unter sein Kopfkissen und rammte dem Polizeibeamten ein Messer in den Hals. Die Stichwaffe trat an der anderen Seite des Halses wieder heraus, der Beamte überlebte nur durch Zufall. Auch andere Fälle sind mir persönlich bekannt. (Damit will ich nicht unterstellt haben, dass Hinrichs zu solchen Taten in der Lage wäre.) Oder es stehen Glasflaschen und andere potentiell gefährliche Gegenstände herum. Plötzlich erscheinen weitere Personen, mit denen man nicht gerechnet hat. Außerdem kann eine Hausdurchsuchung bei den Betroffenen irreversible Spontanhandlungen auslösen, die für alle Beteiligten tragisch ausgehen können u. v. m.
Das Ziehen der Waffe kann eine geeignete Maßnahme sein, diese Gefahren als Teil einer offensiven einsatzbegleitenden Kommunikation (verbal wie nonverbal) abzuwehren. Sie dient damit, auch wenn sich das auf den ersten Blick für den Laien (und schon gar nicht für den Betroffenen) nicht so anfühlt, der Deeskalation. Konkret spricht man beim Ziehen der Waffe zur Eigensicherung von einer „entschlossenen Sicherungshaltung“, die eigenverantwortlich durch die Polizeibeamten eingesetzt wird oder auch nicht. Ob das im Fall von Hinrichs tatsächlich geschah oder die Waffe gar angedroht wurde, müssen strafprozessuale Ermittlungen ergeben, denn eine entsprechende Strafanzeige soll vorliegen. Dabei müssen die „Pressesprecherin“ und die Einsatzkräfte befragt werden. Eine Straftat durch eine Eigensicherungsmaßnahme wäre nicht zu ersehen, jedoch darf man begründete Zweifel hegen, ob ein oder mehrere Polizisten am Bett von Hinrichs die Waffe auf sie konkret gerichtet hätten. Diese hätte dann angedroht werden müssen, jedoch würde sich mir der Sinn dieser behaupteten Maßnahme nicht erschließen. Selbst unter Berücksichtig dessen, dass es sich bei Carla Hinrichs um eine notorische und verurteilte Intensivtäterin handelt.
Steffen Meltzer ist Autor des Buches „Ratgeber Gefahrenabwehr“.
Mein Beitrag erschien zuerst auf „Tichys Einblick“.
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