Auf mancher Schriftsteller-Brust steht so breit „Mich kann man mieten“, dass man sich unwillkürlich fragt, was geschehen mag, sollte der Fall einmal eintreten.
*
Viele dieser verbalen Weltretter gleichen den Zerstörern der Weimarer Demokratie aufs Haar, so dass man sich fragt, wie sie an die alten Schnitte gekommen sind. Schon schreien sie: Kein Vergleich!
*
Es kommt so oft vor, dass der Kulturzug auf freier Strecke entgleist, dass die Frage erlaubt sein muss, ob der Fußmarsch in frischer Luft bereits bei Antritt der Reise eingeplant war.
*
Wer sich viel unter Menschen bewegt, muss ernüchtert zur Kenntnis nehmen: Ja, es gibt ein Gutmenschentum, das sich hart an der Grenze zur Psychopathie bewegt. Auch Empathie kann entgleisen. Les opposés se touchent.
*
Kriegswildheit: eine Altmännertorheit, die im letzten Söldner ein Abbild der eigenen Jugend zu erkennen meint – voll im Saft und zu jeder Kühnheit entschlossen. Ihnen schließen sich Frauen an, die über einen ganz speziellen Geschmack verfügen.
*
Die Kaffeesatzleserei der Ökonomen hat größere Katastrophen verursacht als die grausame Ichsucht von Kriegsherren. Dabei gäbe es genügend Vernünftige unter ihnen, die fähig wären, dem Unheil gegenzusteuern. Zum Pech für die Menschheit sind sie bloß für ihresgleichen kenntlich.
*
Tipp für Klimaforscher: das IPCC samt seiner Resolutions- und Papierflut als riesige Arche für Bürokraten und Abgreifer betrachten, dauergewartet von einer durchregulierten Wissenschaft und bereit auszulaufen, sollte der kommende Volkszorn einen gewissen Pegel übersteigen.
*
Wer immer Kindern zum Spielen grüne Puppen in die Hand drückt, verwandelt die Mütter zur Hälfte in „etwas in dieser Art“.
*
Es ist für die Bürger eines Staates leichter, ihren Regierenden ein intellektuelles Defizit zu bescheinigen, als sich einzugestehen, „der Staat“ könne vorsätzlich gegen ihre Interessen handeln. Das Gros fürchtet das Odium des Staatsfeindes so sehr, dass es lieber mit doppeltem Eifer seine Verteidiger denunziert, als dass es zu seinen Interessen stünde. Wer diesen simplen Mechanismus aus seiner Wahrnehmung ausblendet, „versteht“ vieles nicht, von dem andere sagen, sie verstünden nicht, was daran nicht zu begreifen wäre.
*
Einer kann seine Energierechnung nicht bezahlen und ein anderer versichert ihm, er lebe verkehrt. Bliebe zu klären, wer von den beiden rechnen kann. Doch bevor das heraus ist, sind beide von der Bildfläche verschwunden.
*
Die meisten Menschen müssen die Folgen einer Tat sehen, um sie als Folgen zu begreifen. Man muss also nur eine weitere Tat dazwischenschieben, um kollektive Einsicht dauerhaft zu verhindern. Diese zweite Tat kann irgendeine sein, mit passend gemachten Tätern, die man bei dieser Gelegenheit dem allgemeinen Hass preisgibt. Man nennt das: zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Es soll auch Fälle geben, in denen die Fliegen die Klappe schlagen.
*
Zeiten, in denen sich die Menschen für aufgeklärt halten, sind Zeiten des Vorurteils. Erst wenn sich die Leute massenhaft hinters Licht geführt fühlen, beginnen sie an der verabreichten Wahrheit zu rütteln. „Hält doch“, sagen sie dann und fordern Maßnahmen gegen die Aufklärer.
*
Kaum einer erregt so viel Hass wie einer, der sein Vermögen der öffentlichen Sache zur Verfügung stellt. Besser, man hält ihn für einen Betrüger als sich selbst für ein Schwein.
*
Die Psychologie der Moral gehört zum Deprimierendsten überhaupt.
*
Wenige wissenschaftliche Termini leuchten so sehr ein wie der Ausdruck „Pathokratie“ (A. Lobaczewski). Er leuchtet sozusagen „von innen“.
*
Ein Psychopath, der „die Macht übernimmt“, übernimmt sich.
*
Wenn das Gutachten eines Sachverständigenrats zu dem Ergebnis kommt, die Regierung habe, zum Schaden der Regierten, ohne validen Sachbezug gehandelt, und die Medien beeilen sich aus ihm herauszulesen, „die wissen es auch nicht“, dann sind diese Medien tot.
*
Sachbezug ist das einzige Antidot gegen Psychopathen-Willkür. Andererseits: Bürokratie leidet nicht. Schlimmer als ein schlimmes Gegenüber ist gar keines. Aber auch da sitzen Menschen.
*
Eine Nation von Zungenhüpfern hüpft zuletzt ganz ohne äußeren Zwang. Man könnte das noch verstehen, hüpften sie nicht auch ohne Grund.
*
In Berlin spielen sie die letzten Tage der Menschheit, als wollten sie nimmer aufhören.
*
Der Beitrag erschien zuerst auf der Homepage von Ulrich Schödlbauer
Zum Autor: Ullrich Schödlbauer ist Philosoph, Literaturwissenschaftler, Schriftsteller und Essayist.
Hinterlassen Sie einen Kommentar